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Skulpturen intra muros – die neue Sammlungspräsentation der Mannheimer Kunsthalle

Skulpturen intra muros – die neue Sammlungspräsentation der Mannheimer Kunsthalle

Die Mannheimer Kunsthalle besitzt eine der wichtigsten Skulpturen-Sammlung in Deutschland. Dazu gesellt sich ein umfangreiches Konvolut von Bildhauer-Arbeiten im Freien, so beispielswiese auf der Augustaanlage. Städtische Umbauarbeiten führten jedoch dazu, dass diese Arbeiten in Depots untergebracht werden mussten, damit sie keinen Schaden erleiden. Nun hat sich die Kunsthalle für eine neue Präsentation ihrer reichen skulpturalen Bestände entschieden. Diese umfasst vier große Blöcke, die sich  im Wesentlichen auf das 20. und 21. Jahrhundert konzentrieren.

Zunächst ist es die Bewegung (Kinetik), die in den mannigfaltigsten Formen ins Visier genommen wird. Bei László Moholy-Nagy ist es ein Fotogramm des sich im Raum bewegenden Lichtkörpers. Es gibt jedoch auch eine ganze Reihe von anderen Möglichleiten: stationäre Konstruktionen, bei denen sich nur ein Teil bewegt   (Tinguely), oder wo eine Uhr im Raum rotiert (Alicija Kwade im Foyer, wobei der in vielen Ländern gebräuchliche Ausdruck „Die Zeit fliegt“ als Titel passend wäre, denn er bezeichnet das rasche Fließen der Zeit). Tinguelys lauter Poltermaschine kontrastiert mit Harry Kramers filigran leisen Wagenrennern (Wagen rennen, 1961).

Harry Kramer: Die Wagen rennen, 1961, 70 x 125 cm, Draht, Elektromotor, Gummizug, Sammlung Kunsthalle Mannheim © VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Kunsthalle Mannheim / Rainer Diehl

Der zweite Teil widmet sich dem Körper (und dem Körperfragment). Die „Reclining Figure – Internal“‘ von Henry Moore, 1951, eröffnet prototypisch eine ganze Pleiaide ähnlicher Arbeiten in vielen Kulturen dieser Erde, die – unabhängig von Moore – auch eine besondere Formsprache entwickelt haben.

Im dritten Kubus widmet man sich dem breiten Begriff des fragmentierten Körpers, der letztendlich ein Hauptcharakteristikum des letzten Jahrhunderts ist (und sich leider in diesem fortsetzt). Alexander Archipenko, Hans Arp oder Wilhelm Loth zählen dazu –  neben der  etwa 13 Meter hohen Skulptur von Franz Bernhard sowie  jener des in Bruchsal lebenden Günter Wagner (Dynamisches Rechteck, COR Ten-Stahl,1994) oder auch jener von Andreas Meder, der Stahl und Holz kombiniert (Am Anfang war das Wort…, Johannes Evangelium, 2000).

 Der vierte Kubus ist eigentlich der Poesie gewidmet: Paul Celan und Ingeborg Bachmann sind die beiden Dichter, die die Hauptinspirationsquelle des riesengroßen Tableaux von Anselm Kiefer (aus der Sammlung Grothe) bilden. Die schwarzen Flocken von Paul Celan, Bojen im Meer, Die große Fracht und Böhmen liegt am Meer von Ingeborg Nachmann haben Kiefer dazu inspiriert, die Brüche und die Risse in seine großen Landschaften zu transportieren, als ob es gelten würde, die unendliche Lebensunruhe von Celan und Bachmann plastisch in neue Dimensionen zu transponieren.

Einen nicht minder wichtigen Eindruck hinterlässt Sven Johne mit seiner Fotoarbeit (und Zeichnung mit Ortsangaben) „47 Faults between Calais and Indomeni“, einer langen Reise von zum Teil vergessenen Orten über Frankreich nach Griechenland – um dabei die Stellen des Schmerzes, Verlassenseins oder Todes zu markieren: zugeschüttete Schützengraben, einstige Grenzanlagen, ehemalige Konzentrationslager, Ruinen von Denkmälern und Grenzanlagen.

Im gleichen Raum zeigt Annette Kelm eine Auswahl von etwa 30.000 Büchern, die nationalsozialistisch indoktrinierte Studenten am 10. Mai 1933 auf dem einstigen Opernplatz in Berlin jauchzend verbrannt haben. ‚Jüdischer Zersetzungsgeist‘ und „undeutsches Gedankengut“ wurde vernichtet, so die damaligen Gazetten.

Die neue Kuratorin an der Mannheimer Kunsthalle, Luisa Heese, hat eine schöne und prägnante Ausstellung aufbereitet. Sammlung, Neupräsentation, bis 18.5.2025



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