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Renaissance im Norden – eine imposante Ausstellung im Städel

Renaissance im Norden – eine imposante Ausstellung im Städel

Zu den bekannten Namen Albrecht Dürer und Hans Holbein d.Ä. (und auch der Jüngere) gesellt sich nach dieser Ausstellung Hans Burgkmair. Holbein d.Ä. (um 1464 – 1524), sein Sohn Holbein d. J. (1457/1458 – 1543) und Hans Burgkmair d.Ä. (1473 – 1532), leiteten eine regelrechte Revolution der bildenden Künste ein, die den Namen Renaissance (Wiedergeburt) erhielt.

Zwei Städte sind Zeugen dieser großartigen „Metamorphose: Nürnberg mit Dürer und Augsburg mit Holbein und Burgkmair. Bei allen war es die beständige Suche nach besseren und schöneren Darstellungsformen sowie nach Erfindungen, etwa im Druckbereich. Augsburg hatte außerdem das Glück, die einflussreiche und reiche Familie des Bankiers und Geschäftsmannes Jakob Fugger in ihrem Stadtkern zu haben, die die Stadtentwicklung maßgeblich bestimmte und dabei auch den Künsten eine besondere Rolle in der sich „reformierenden“ Gesellschaft zuerkannte. Darüber hinweg pflegte der Bankier enge Beziehungen zu König Maximillian I, der erkannte, dass die moderne Politik den Städten mehr Gewicht zubilligen muss und nicht wie bisher nur den Fürsten, die vor allem an ihre eigenen Privilegien dachten.

Hans Holbein d.J.: “Solothurner Madonna”, Öl auf Lindenholz, Kunstmuseum Solothurn

Die fast 100-jährige Spanne, die die zwei Generationen großer Maler in Augsburg umfasst, war von unzähligen neuen Erkenntnissen begleitet ist, so etwa der Erfindung des Porträtmedaillons und des Farbholzschnitts. Zum anderen wird die immer deutlicher werdende Rolle des Künstlers (und des Humanisten) sichtbar, die es in dieser Form zuvor nicht gab.

Diese Entwicklungen galten auch dem „inneren“ Leben der Modelle, die meist als Prototypen für die gängige Abbildung der Heiligen standen, und denen man nun mehr Aufmerksamkeit widmete als zuvor. So entspricht das Porträt der Heiligen Katharina nicht der bis dahin gängigen Darstellung einer Heiligen, die sich mit ihrem Schicksal (und dem bevorstehenden Tod) abgefunden hat. Das Gemälde von H. Holbein d.Ä. lässt auch andere Interpretationen zu, etwa die der Sehnsucht und der Träumerei.

In Hans Burgkmair erwuchs Holbein ein ernstzunehmender Konkurrent. Dieser wurde 1498 in die Malerzunft in Augsburg aufgenommen – eine Anerkennung des inzwischen 25-jährigen, der offensichtlich zunächst in der Malerwerkstatt des Vaters ausgebildet wurde, bevor er eine Lehre bei Martin Schongauer in Colmar (Urheber des weltbekannten Bildes „Madonna im Rosenhag“ in der Dominikanerkirche in Colmar) begann.

Hans Burgkmair: “Christus am Ölberg”, 1505, Öl auf Tannenholz, Hamburger Kunsthalle

Das Renommee von Burgkmair wuchs beständig, seine Aufträge mehrten sich, sein Innovationsgeist sowohl in der Malerei wie auch in der Druckkunst war revolutionär – und auch außerhalb von Augsburg anerkannt. Die Ausstellung macht den Unterschied zwischen den beiden Werkstätten deutlich: während es bei Holbein nur ausgebildete Maler als Gehilfen gibt, bildet Burgkmair bis zu 10 Lehrlinge aus. Im Unterschied zu Hans Holbein Ä., dessen Sohn dann in Basel wirkte – z.T. auch von Burgkmair inspiriert – hat dieser keinen Nachfolger.

Exemplarisch dokumentiert die Ausstellung den allmählichen Einfluss der italienischen Kunst auf die weitere Entwicklung der beiden Werkstätten in Augsburg. Beide – Holbein wie Burgkmaier – haben wichtige Kunstorte in Norditalien besucht, beide haben auf ihre eigene Art Impulse dieser Reisen in ihre Kunst übernommen. Interessanterweise war es Albrecht Dürer, der als erster diese Reise unternahm, gefolgt von Burgkmair 1507. Er war es auch, der einen ersten „Lehrknaben“ aus Italien in seiner Werkstatt aufnahm.

Die Vergleiche zwischen Holbein d.Ä. und Burgkmair, was die „Modernität“ angeht, gewinnt fast beständig der letztere, zumindest, wenn man versucht, ihre Werke nach 1500 zu vergleichen. Burgkmair wurde attestiert, dass er (1507) “…mit wachem Blick die Entwicklungen in der venezianischen Malerei“ registriert. Er gilt als modern und kann sich erst jetzt, nach seiner Italienreise, durchsetzen.

Die Ausstellung verdeutlicht ebenso die entscheidende Rolle, die Burgkmair auch bei Druckverfahren (und dem Buchdruck) spielte. Neben dem Farbholzschnitt entwickelte Burgkmair die neue Technik des Chiaroscuro Prints (zu sehen etwa in dem Druck „Der Tod überfällt ein Liebespaar“), die er genauso im Stil seiner Malerei praktizierte: „Grundsätzlich besteht in der Technik (von Burgkmair) kein Unterschied zu einem Gemälde-Entwurf“, so die Meinung der Experten „…. Ihm verdankt auch die Augsburger Zunft ihre Vorreiterrolle, und auch den Ruf der Modernität“ …

Die Städelausstellung ist eine sehr kompetente Einführung in die Entwicklung der Kunst um 1500, die nicht nur mit dem Fokus auf Nürnberg mit Albrecht Dürer den Übergang von der Spätgotik zur Renaissance grandios veranschaulicht. (Bis 18.2.2024, Katalog 45 Euro)



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